Musik
Musik hat mich schon mein ganzes Leben lang begleitet – jeweils in unterschiedlicher Form.
Als Teenager ab den 80ern mit Volksmusik und Hitparaden, die über Kassetten oder im Radio, und das regelmässig, ja jeden Tag (oder sollte ich besser sagen jede Nacht) direkt neben meinem Bett auf dem Nachttischli liefen – z.B. DRS bis zum «Mitternachts-Schreckmümpfeli», später SWR 3, sogar oft die ganze Nacht hindurch bis zum nächsten Morgen…
Dann mit Supertramp & Co weiter durch die Pubertät.
Später während meiner selbständigen «Aussendienst»-Tätigkeit im Auto, unterwegs quer durch die Schweiz zum Plakate-Aufhängen, die Radio-Musik pfeifend begleitet.
Dazwischen live-musizierende klassische Töne im Studentenheim St. Anna in Luzern während meinem HTL-Studium am ZTL (Zentralschweizerischen Technikum Luzern) in Horw: hatte ich mich da etwa «verlaufen»…? Ja, genau so war’s auch! Hier die kleine Story dazu: Als Kurzentschlossener wollte ich mich eine Woche vor dem Studiumsbeginn zum 1. Semester im Techniker-Studentenheim in Luzern (am See) ein Zimmer buchen. Ganz überrascht erfuhr ich, dass es – sorry – schon lange ausgebucht sei. Blöd! Dank Google fand ich jedoch noch ein zweites Studentenheim in Luzern: St. Anna, sehr zentral gelegen, auf dem Hügel hinter der Hofkirche, mit Ausblick auf die Stadt und den See. Suppi! Dort angerufen, hatte ich Glück, denn es war noch genau ein Zimmer frei: Juppi – gebucht! Meine Hosts haben mich dann noch gefragt, welches Instrument ich mitbringen würde… Hä? Musste man dazu denn noch ein Instrument spielen? Ich war etwas verwirrt, aber egal, wenn’s sein muss, bringe ich halt meine alte Schulblockflöte mit… Am Einzugstag hat sich dann das Missverständnis aufgeklärt: es war das Studentenheim für die Studies der Musikschule Luzern. Das war mir aber erstmal egal, Hauptsache ich bin da gut untergekommen. Der Haken an der Geschichte offenbarte sich erst allmählich: im Zimmer gegenüber wurde den ganzen Tag lang wie verbissen auf einer Geige gefiedelt, zwei Zimmer weiter klimperte ein Pianist auf den Tasten herum und den Gang hinunter sang eine angehende Sopranistin Tonleitern und Arien… So musste ich meine Hausaufgaben oft entweder mit Gehörschutzpfropfen erledigen, oder mich erst am Wochenende auf die Prüfungen vorbereiten, wenn die Musiker:Innen nach Hause fuhren und ich endlich in Ruhe lernen konnte…
Hin und wieder blieben auch mal einige wenige Musiker:Innen übers Wochenende im Heim und zusammen kochten wir uns was zum Abendessen. Dabei lernte ich den Pianisten Daniel und seine Freundin Andra näher kennen. Andra spielte Bratsche und die beiden probten oft als Duett. So durfte ich immer wieder als Probe-Publikum den Interpretationen lauschen und dazu meine subjektive Zuhörermeinung kundtun. Mit der Zeit hat sich eine schöne Freundschaft entwickelt, welche später dazu führte, dass ich für Daniel einige Piano-Solo-Rezitals (Liszt, Rachmaninow, Mussorgski, Debussy etc.) in verschiedenen Städten wie Luzern, Solothurn, Basel etc. organisiert habe. Daniel ist heute Musikpädagoge & Komponist, Andra spielt seit 1998 im Sinfonieorchester Basel und Dan, der Geigen-Fidler, ist Professor an der Hochschule Luzern und wird immer wieder mal im Classic-Radio ehrwürdig als Orchester-Dirigent des Lucerne Festival Orchestra erwähnt.
Im Januar 2021 bin ich beim mittäglichen Surfen auf YouTube zufällig über einen Beitrag über das Musiknotenlesen «gestolpert» und wollte mich endlich mal darüber schlau machen, wie man die schwarzen Punkte auf einem Notenblatt liest und wie die Tonleiter funktioniert. DIE Tonleiter – ich dachte eigentlich, es gäbe ja nur eine… aber weit gefehlt (oder zu kurz gedacht) – es gibt 12, äh nein 24: 12 Dur- & 12 Moll-Tonleitern, aber halt: jede Moll-Tonleiter gibt es in 3 Versionen (natürlich, harmonisch und melodisch) – also 36 und somit bereits 48, dann gibt es ja noch ein paar Kirchen-Tonleitern (7, wovon 2 schon in Dur und natürlich-Moll enthalten sind, also +5), dann sind wir schon bei 53. Wenn man jetzt noch einige weitere dazu zählt (Halbton, Ganzton, etc.), kommt man am Ende auf ca. 60…! Wow – so interessant! Bald lernte ich auch den Quintenzirkel kennen, der die wichtigsten 24 Tonleitern grafisch ideal auf einem Kreis anordnet und man dadurch die verschiedenen Beziehungen zu- und untereinander sowie die speziellen Eigenarten ablesen kann. Die ganze Musiktheorie ist alles in allem so unheimlich spannend, dass ich immer mehr darin eingetaucht bin.
Um zu verstehen, wie man in allen Tonleitern auf allen 7 Stufen die verschiedenen Grund-Akkorde mit den Umkehrungen spielt, habe ich mir für wenig Geld eine kleine 3-Oktaven-Klaviatur besorgt (Arturia KeyStep). Leider klingt die nur mit zusätzlichen Peripherie-Applikationen, die ich nicht auch noch kaufen wollte, und so übte ich erst mal drei Monate lang stumm und still auf den «leisen» Tasten… Eines Tages erfuhr mein Arbeitskollege Seynel, dass ich mich fürs Klavierspielen interessierte (das war zwar falsch – ich beschäftigte mich ja einfach nur praktisch mit Musiktheorie anhand einer Klaviatur) und bot mir gratis sein altes Technics-61-Tasten-Synthesizer-Keyboard an, welches er mal für seine Kinder als Occasion im Ricardo ersteigert hatte und sowieso demnächst entsorgen wollte. Das funktionierte noch einwandfrei und so konnte ich endlich auch hören, wie die Akkorde klangen…!
Ich war dadurch so happy, dass ich unbedingt mindestens ein Klavierstück spielen können wollte, bevor ich wieder «mit dem Unsinn» aufhöre. Auf YouTube erzählte einer, dass er dem Einsteiger die folgenden drei Klavierstücke empfehlen könne: «Für Elise» von Ludwig van Beethoven, «Gymnopedia No1» von Eric Satie und den ersten Teil der «Mondscheinsonate» ebenfalls von Ludwig van Beethoven. Ich suchte mir im www die Gratis-Downloads der entsprechenden Notenblätter, lud diese herunter und druckte sie aus. Da ich keine Noten lesen, dafür diese jedoch mit etwas Mühe mit Hand-und-Fuss «entziffern» konnte, schrieb ich mit einem spitzen Bleistift über alle Noten den Ton als Buchstabe darüber, was pro Stück etliche Stunden und insgesamt einige Tage in Anspruch nahm…
Ich begann mit «Für Elise» und musste bald feststellen, dass es extrem schwierig war, mit beiden Händen gleichzeitig zu spielen: mit der rechten Hand eine hübsche Melodie und dabei mit der linken Hand in Sprüngen hin- & her eine ganz andere Begleitung… Also erst mal auf Eis mit diesem Stück. Bei nächsten Stück, «Gymnopedia No1» von Eric Satie, sah es auch nicht viel besser aus – zwar war das Stück sehr langsam, eigentlich ideal für mich als Anfänger, aber auch mit sogar grossen Sprüngen in der linken Hand und zusätzlich mit «unhandlichen» Akkorden: damit wurde auch dieses Stück erst mal auf Eis gelegt. Also kam das Letzte der drei Stücke an die Reihe: die «Mondscheinsonate», Teil 1. Die schien mir absolut ideal zu sein – langsam, ruhig, fast schon banal, keine Sprünge und immer derselbe Rhythmus und Tonfolge: du-di-da, du-di-da, du-di-da, etc… das konnte man sich gut merken und technisch war es machbar.
Ich fing dabei mit dem ersten Takt an und versuchte, jeden Tag (oder jeden 2./3./4.Tag) wieder einen weiteren Takt dazuzulernen. Nach etwa zwei Monaten stetigem Üben, konnte ich die ersten 3 der 5 Seiten schon in einem Zug fehlerfrei und auswendig(!) durchspielen und versuchte bereits die vierte Seite Takt-weise dazu zunehmen. Zwischendurch sah ich mir duzende(!) Videos auf YouTube dazu an, und studierte immer wieder die Technik der Profi-Pianisten, wie diese das Stück spielten. Es fiel mir dabei auf, dass diese das Stück so leicht und träumerisch entspannt spielten, während ich mich beim Üben extrem abmühte und mich dabei eher fühlte, wie der «Glöckner von Notre-Dame» beim Piano spielen… nach jeder Übungssession war ich komplett verspannt: die Schultern neben den Ohren und der Rücken krumm. Mir wurde langsam klar, dass ich die restlichen Seiten so nicht schaffen würde und beschloss, vielleicht doch professionelle Hilfe zu suchen.
Ich fand in Allschwil eine Klavierlehrperson, welche eine Gratis-Probe-Lektion anbot, und davon machte ich Gebrauch. In dieser Probe-Stunde habe ich so viel gelernt: z.B. wie ich künftig besser und leichter üben und spielen konnte, ohne dass ich nach jedem Üben erst wieder zurechtgebogen werden musste! Ich war ganz überrascht, dass es nach der Probelektion hiess: «Also, bis nächsten Dienstag?». Und ja – ab September 2021 habe ich bis Ende Februar 2024 insgesamt 2 ½ Jahre lang professionellen, klassischen Klavierunterricht nach der russischen Methode genommen und dabei «Die Russische Klavierschule - Band 1» (alle 162 Stücke) sowie die Hanon-Übungen 1-24 erfolgreich absolviert – obwohl ich ja eigentlich gar nie Klavierspielen lernen wollte, aber manchmal kommt es eben anders, als man denkt…
Wie sieht es aktuell mit der «Mondscheinsonate» aus? Nun, die muss noch etwas warten – ich versuche mich jetzt erst mal mit einigen kurzen Préludes von Frédéric Chopin (Nr. 7, 20, 4) und später kommen dann weitere kleine Stücke (Bach, Händel etc.) für ein bescheidenes Anfänger-Repertoire dazu…
Cheers!